Vertriebsorganisationen im Maschinenbau am Abgrund – Die Lösung: Hybrid Multidimensional Omnichannel (HMO) Sales

Viele Unternehmenslenker im Maschinenbau machen sich Sorgen um ihre Vertriebsorganisationen. Die Corona-Pandemie hat für einen Einbruch der maßgeblichen Kennzahlen bei der Vertriebsaktivität gesorgt. Zwar gab es kurz nach der Pandemie einen Nachholeffekt im Auftragseingang, jedoch wurden seitdem weniger Kontakte, Kundenbesuche und Angebote erzielt. Zeitgleich sind die Kosten für den Vertriebsaußendienst stark gestiegen. Der derzeit anhaltende Rückgang im Auftragseingang sowie der Kostenanstieg scheinen nur Vorboten der weiteren Entwicklung zu sein.
Im Jahr 2023 hat der Maschinenbau noch stark vom Auftragsbestand aus den Corona-Nachhol-Aufträgen profitiert und in den allermeisten Fällen gute bis sehr gute Umsätze erzielt. Jedoch konnte der Auftragseingang in 2023 bei weitem nicht mit dem Umsatz mithalten. Die Inlandsorders sanken dabei um 15 Prozent, während die Nachfrage aus dem Ausland um 13 Prozent zurückging. Die Bestellungen aus den Nicht-Euro-Ländern (minus 7 Prozent) gingen dank einiger Großaufträge weniger kräftig zurück als die Aufträge aus den Euro-Partnerländern (minus 27 Prozent). „Nach wie vor fehlt es trotz vielfältiger Investitionsbedarfe an Impulsen. Leider drücken die nicht enden wollenden schlechten Nachrichten weiterhin auf die Investitionslaune der Kunden weltweit“, sagte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers.
Rückgang im Auftragseingang & EBIT
Dabei sind die Kosten, gerade in Deutschland, für den Maschinenbau massiv angestiegen. Beim Werkzeugmaschinenhersteller DMG MORI beispielsweise erhöhte sich der Umsatz zum 30. September 2023 um +6% auf 1.798,8 Mio € (Vorjahr: 1.697,1 Mio €), während der Auftragseingang zum 30. September 2023 von 2.340,1 Mio € um 12% auf 2.060,6 Mio € zurückging und das EBIT auf 139,6 Mio € (Vorjahr: 160,3 Mio €) um 13% fiel.
In der Veröffentlichung zum Zwischenbericht des Konzerns liest man: „Die Gesamtwirtschaft und der weltweite Markt für Werkzeugmaschinen waren unverändert geprägt von hohen Rohstoff-, Material- und Energiekosten, der hohen Inflation sowie steigenden Zinsen. Dies belastete weiterhin die Nachfrage nach Investitionsgütern, insbesondere in Europa.“
Wie wird diesem Kostendruck begegnet?
In vielen Fällen werden die Unternehmen zu Einsparmaßnahmen greifen. Bereits in diesem Jahr wurde analysiert, in welchen Bereichen Einsparungen getätigt werden können, und viele rechnen in Deutschland mit der Verkündung und dem Beginn dieser Programme zu Beginn des Jahres 2024.
Die Vertriebsorganisationen schneiden dabei derzeit nicht gut ab. Aus meinen Gesprächen mit Inhabern und CEOs in der Maschinenbaubranche kann ich die Situation wie folgt zusammenfassen:
- Die Key Performance Indikatoren (KPIs) Kontakte, Besuche und Angebote haben sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert.
- Die Kosten für den Vertriebsaußendienst sind weiter gestiegen und stehen nicht in Relation zu den gesunkenen Ergebnissen.
- Es herrscht das Gefühl vor, dass sich der Auftragseingang von den Besuchszahlen des Vertriebsaußendienstes langsam entkoppelt.

Änderung im Käuferverhalten (Customer Journey)
Diese Entkoppelung lässt sich auch aus der Studie von 6sense zum Thema B2B Sales ablesen:
- 83% der Käufer initiieren den Kontakt von sich aus zum Unternehmen, das als Lieferant in Frage kommt (Abb. 1).
- Bei Kontaktaufnahme sind dann bereits 70% des Kaufprozesses abgeschlossen (Abb. 3), und 78% der Kaufentscheidung sind bereits gefallen.
- 84% der Aufträge werden gewonnen/verloren, bevor sie überhaupt bekannt sind (Abb. 2).
- Das bedeutet, wenn Anbieter die Käufer nicht während der ersten zwei Drittel des Kaufprozesses überzeugt haben, haben sie laut den Ergebnissen dieser Studie lediglich eine 16%ige Chance, einen Auftrag zu gewinnen.

Im Bezug auf den Vertriebsaußendienst macht vor allem der Zeitraum Sorgen, in welchem der Kunde den Großteil seines Verkaufsprozesses abschließt und die Kaufentscheidung zu großen Teilen schon gefallen ist. Denn erst danach nimmt der potenzielle Kunde Kontakt zu einem von ihm präferierten Anbieter auf. Und dieser erste Anbieter erhält dann in 84% der Fälle auch den Auftrag. Somit gewinnt dieser Zeitraum, den der potenzielle Kunde bewusst mit eigener Recherche allein verbringt, einen hohen Stellenwert, und es muss die Frage aufgeworfen werden, wie in diesem Zeitraum Einfluss auf den potenziellen Kunden genommen werden kann.

Verändertes Timing & Phasen der Customer Journey
Hinzu kommt, dass 72% der B2B-Käufer ihre Customer Journey online beginnen, 68% lieber individuell online recherchieren als einen Vertriebsmitarbeiter hinzuzuziehen, und insgesamt werden nur 5% der Käuferreise mit einem Vertriebsmitarbeiter verbracht (Abb. 4). Hier stößt der klassische Vertriebsmitarbeiter im Außendienst an seine Grenzen.

Auch die Kunden im Maschinenbau haben ihr Informations- und Kaufverhalten, sowohl zeitlich, als auch inhaltlich angepasst. Deshalb muss sich die Vertriebs- und Marketingorganisation der Maschinenbauer ebenfalls an diesen Wandel der Customer Journey anpassen, sonst agieren sie abseits und unsynchronisiert mit ihren (potentiellen) Kunden.
Hybrider Multidimensional Omnichannel (HMO) Sales
Um erfolgreich zu bleiben, bedarf es eines Hybriden Multidimensionalen Omnichannel (HMO) Approaches.

weil traditionelle mit neuen digitalen Vetriebsaktionen und -tools eingesetzt und verbunden werden.

weil während des komplexen und iterativen B2B Kauf- und Entscheidungsprozesses des Buying Center mehrere und sich abwechselnde inhaltliche und Zeitliche Dimensionen abgedeckt werden müssen und keine Linearität.

weil alle von der potentiellen Kundengruppe für den Awareness, Evaluation und Decision-Process verwendeten Kanäle vom Vertrieb und Marketing genutzt werden müssen.
Hybrid Sales
Hört sich zunächst einfach an, ist jedoch wesentlich herausfordernder als gedacht. Sowohl die digitale als auch die persönliche, traditionelle oder auch analoge Vertriebs- und Marketingmaßnahmen müssen ausgewählt und umgesetzt werden. Die Herausforderung besteht darin, diese richtig und zielgruppengerecht auszuwählen und dann vor allem perfekt aufeinander abzustimmen. Digital und analog müssen Hand in Hand miteinander gehen. Vielen Unternehmen fällt dies schon allein bei den analogen Maßnahmen schwer. So gibt es bereits große Diskrepanzen in den Inhalten von Printmaterial. Noch anspruchsvoller wird es, wenn Printmaterial und digitaler Content eng auf- und miteinander abgestimmt sein sollen.

Multidimensional
Der B2B-Kaufprozess dauert länger und ist komplexer als im B2C-Bereich. Er wird meist von mehreren Personen, den Mitgliedern des Buying-Centers, durchgeführt. Abb. 6 beschreibt exemplarisch die mögliche Komplexität dieses Prozesses. Um diesen Prozess in seiner Gänze über den gesamten Zeitraum und die Iterationen begleiten zu können, müssen Sales und Marketing die Mitglieder des Buying-Centers mit abgestimmten Maßnahmen in möglichst vielen Dimensionen (zeitlich, räumlich, inhaltlich, usw.) unterstützen.

Omnichannel

Es werden nicht mehr einzelne Kanäle bedient, sondern der Kunde steht im Mittelpunkt aller Aktivitäten (Abb. 8). Der Fokus richtet sich auf einen für den Kunden personalisierten Ansatz, und der gesamte Content passt sich an den jeweiligen Kunden an. Somit entfällt die Orientierung am Produkt zugunsten der Ausrichtung am Kunden (Abb. 7).

Schlussfolgerung
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Herausforderungen im B2B-Maschinenbauvertrieb vielschichtig und anspruchsvoll sind. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben zu einem Einbruch in den maßgeblichen Kennzahlen der Vertriebsaktivität geführt. Unternehmen sehen sich mit einem anhaltenden Rückgang im Auftragseingang und einem starken Anstieg der Vertriebskosten konfrontiert.
Der Maschinenbau profitierte zeitweise von Nachholeffekten, jedoch blieben Kontakte, Kundenbesuche und Angebote weiterhin hinter den vorherigen Standards zurück. Die Anpassung an veränderte Kundenverhaltensweisen und die Integration digitaler und analoger Vertriebsmaßnahmen werden als Schlüsselfaktoren für den Erfolg betrachtet. Die Customer Journey im B2B-Bereich ist komplex und erfordert eine durchdachte, auf den Kunden ausgerichtete Strategie.
Die Nutzung verschiedener Kanäle und die Anpassung von Inhalten an die Bedürfnisse der Kunden sind essenziell, um im Wettbewerbsumfeld erfolgreich zu agieren. Die Studien zur B2B-Sales-Praxis betonen die Bedeutung einer effektiven Integration von digitalen und analogen Ansätzen sowie die frühzeitige Einbindung des Kunden in den Verkaufsprozess.
Die Notwendigkeit, den Vertriebs- und Marketingansatz kontinuierlich zu optimieren und sich an den Wandel der Customer Journey anzupassen, wird deutlich herausgestellt. Unternehmen stehen vor der Aufgabe, ihre Strategien in den Bereichen Personalisierung, zeitliche und inhaltliche Abstimmung sowie Integration digitaler und analoger Maßnahmen zu verfeinern, um den komplexen Anforderungen des B2B-Maschinenbauvertriebs gerecht zu werden.
Quellen:
6sense , The 2023 6sense B2B Buyer Experience Report
VIKAS Taneja, John Merchant, Matt Langione Giovanni Fassio; Boston Consulting Group (BCG), The $2T Opportunity to Boost Sales and Lower Costs with RevTech, August 01, 2022
Larry English; Forbes; Hybrid B2B Sales Will Be The Norm By 2024. How To Embrace The Future Of Sales Now, Aug 23, 2022
McKinsey & Company; B2B Pulse: How B2B decision makers are responding to the coronavirus crisis
VDMA; VDMA-Auftragseingang September 2023 – Durststrecke hält an ; 2. November 2023
Dr. Johannes Ihringer ; TTE Strategy; Springerfachmedien Conference, Sales Excellence kompakt 2022: How can conversion to a Hybrid Sales Model be achieved?; May 19 2022
Dr. Nasser Kaspari , Arvato Systems; Handel im Wandel – Omnichannel-Services verständlich erklärt;
DLA ignite, New Normal in Sales is Omnichannel. Remote. Content. Self-Service. Person.; April 26 2021

